Fingernägel kauen: Ursachen, Folgen und Abgewöhnung

Häufig wird Fingernägel kauen vor allem als eine lästige Angewohnheit abgetan. Dabei steckt oft mehr dahinter, wie zum Beispiel anhaltende Unruhezustände oder ähnliche psychische Belastungen. Zudem können gesundheitliche Beeinträchtigungen letztlich zu Folgen des Knabberns werden. Um das zu vermeiden, kannst Du jedoch verschiedene Maßnahmen ergreifen. Im Folgenden erfährst Du alles, was Du über die Ursachen, gesundheitlichen Folgen und die besten Abgewöhnmethoden für das Fingernägel kauen wissen solltest.

Das Nagelkauen beginnt häufig bereits in der Kindheit beziehungsweise während des Jugendalters. Ob aus Langeweile, in Stresssituationen oder einfach als stark vereinfachte Form der Fingernägel-Pflege: Schnell wandert die Hand an den Mund und das Nägelkauen beginnt. Das Problem? Einmal mit dem Knabbern von Nägeln angefangen, fällt das Aufhören oft schwer. Es entwickelt sich ein Automatismus, der dazu antreibt, immer wieder Fingernägel zu knabbern, wenn man sich in besagten stressigen oder aber sehr ruhigen Situationen befindet.

Bemerkt wird das Fingernägelkauen dabei nicht unbedingt zuerst von den Betroffenen. Häufig weisen Eltern, Freunde oder Geschwister die Nagelbeisser auf ihre Angewohnheit hin. Doch das Aufhören ist meist gar nicht so einfach. Tatsächlich gibt es jedoch einige Tipps und Tricks, mit denen die Entwöhnung gelingt. Schließlich handelt es sich beim Fingernägel kauen nicht nur um eine störende Angewohnheit, sondern tatsächlich um ein potenzielles Gesundheitsrisiko.

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Warum kauen wir an unseren Fingernägeln?

Grundsätzlich ist das Fingernägel oder Nagelhaut kauen häufig eine Art der Stressverarbeitung. Ungelöste Konflikte und Situationen, in denen man sich angespannt und unter Druck gesetzt fühlt gehen vor allem im Kindesalter häufig mit dem Nägelbeissen einher, das als Ersatzbefriedigung betrachtet wird. Das Knabbern der Nägel und Nagelhaut knabbern wird also als Ventil genutzt und hilft vor allem Kindern dabei, Gefühle von Einengung, Einsamkeit oder Aggression zu bewältigen.

Vom stressbedingten Abkauen der Fingernägel, das im Fachjargon als Onychophagie bezeichnet wird, sind insbesondere sehr ängstliche und durch ihr Elternhaus stark eingeschränkte Kinder betroffen, ebenso wie besonders aktive und generell eher unruhige Heranwachsende. Doch auch Erwachsene können Schwierigkeiten haben, die einmal etablierte Angewohnheit abzulegen.

Dank einiger Filme, in denen zum Beispiel psychisch kranke Menschen an ihren Nägeln kauen und aufgrund der Betrachtungsweise, dass gepflegte Fingernägel auf einen insgesamt gepflegten Körper hindeuten, wird das Fingernägel kauen häufig negativ konnotiert. Dabei muss man sich durchaus nicht schämen, wenn man unter Onychophagie leidet. Schließlich lässt sich das Abkauen der Fingernägel bis auf das Nagelbett häufig nur sehr schwer wieder ablegen. Bis zu 15 Prozent der erwachsenen Deutschen kauen regelmäßig an ihren Fingernägeln, unter den Jugendlichen sind es sogar bis zu 45 Prozent. Bei 30 Prozent aller nagelkauenden Kinder tritt das Problem zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr auf.

Nicht immer ist außerdem eine psychische Krankheit Auslöser des Fingernägel-Kauens Häufiger ist die Angewohnheit auf Stress zurückzuführen. Wird das Knabbern jedoch immer exzessiver betrieben und werden beim Abkauen auch Schmerzen, sogar Verletzungen in Kauf genommen, ist oftmals eine tatsächliche Verhaltensstörung mit psychisch auffälligem Krankheitsbild ursächlich.

 

Medizinische Ursachen für das Fingernägel-Kauen

Für das Nägelkauen können neben Ursachen wie Stress und der Schaffung eines Ventils für unverarbeitete Gefühle auch psychische Erkrankungen für eine damit einhergehende Verhaltensstörung verantwortlich sein. So kann etwa ein Hang zur Selbstverletzung vorliegen, begünstigt durch psychische Störungen und Krankheiten wie Borderline-Persönlichkeitsstörungen, Bulimie, Depressionen, Zwangsneurosen oder Schizophrenie.

Auch kann das Nägelkauen als Tick beziehungsweise in Folge des Tourette-Syndroms auftreten. Dabei wird das Knabbern unwillkürlich ausgeführt und lässt sich vom Betroffenen nicht oder nur unter großen Anstrengungen beziehungsweise unter Medikamenteneinfluss unterdrücken. Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (kurz: ADHS) begünstigt ebenfalls in einigen Fällen das Fingernägel kauen.

Folgen des Fingernägel-Kauens

Generell ist festzustellen, dass besonders schwere Folgen des Fingernägel-Kauens äußerst selten auftreten. Hauptsächlich leiden die Betroffenen unter unansehnlichen Fingerkuppen, schnellerer Warzenbildung und Schmerzen beim Greifen kleiner Gegenstände oder etwa dem Schließen kleiner Verschlüsse. Vor allem dann, wenn Du Dir als Nagelkauender regelmäßig die Hände wäschst, ist eine Infektion eher unwahrscheinlich. Wird das Knabbern allerdings exzessiv betrieben, kann das Fingernägel kauen teils ernste Folgen haben.

Abgeknabberte Fingernägel, bei denen auch das Nagelbett in Mitleidenschaft gezogen wird, begünstigen kleine Wunden an der Fingerkuppe. Durch diese wiederum können Bakterien in den Körper gelangen, die zu Infektionen führen. Diese äußern sich zum Beispiel als Hitze- und Druckgefühl im betroffenen Finger oder durch ein Anschwellen. Auch Verfärbungen und Ausschläge können rund um abgeknabberte Nägel auf Entzündungen hinweisen.

Schlimmstenfalls kann eine solche Infektion aufsteigen und eine Blutvergiftung bzw. Sepsis verursachen. So geschehen etwa im Fall des 28-jährigen Engländers Luke Hanoman, der infolge seiner Nagel-Knabberei beinahe an einer Sepsis verstarb.

Ein weiterer oft vergessener Punkt ist der häufige Kontakt von Mund und Fingern, durch den Bakterien wie auch Parasiten in den Körper gelangen können. Neben Salmonellen oder ähnlichen Krankheitserregern, die sich auf Nahrungsmitteln, Türklinken oder anderen Gegenständen befinden und so über die Finger beim Knabbern in unseren Organismus gelangen, wird auch ein Madenwurmbefall begünstigt.

Die kleinen Würmer erreichen zum Beispiel über verunreinigtes Obst und Gemüse unseren Darm. Ihre Eier legen sie in der Region rund um den Anus ab, was wiederum vor allem nachts einen Juckreiz verursacht. Wer diesen (oftmals unwillkürlich) durch ein Kratzen in besagter Region befriedigt, kann die kleinen Eier unter den Fingernägeln tragen. Durch das Nägelkauen wird der Befall so weiter verstärkt. Zudem wird eine Übertragung an andere Personen wahrscheinlicher.

Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Hast Du es einmal geschafft, mit dem Nagelkauen aufzuhören, können die Nägel wieder wachsen wie früher. Zwar dauert das eine ganze Weile (bis zu eineinhalb Jahre sind in schweren Fällen nötig), doch irreparable Schäden bestehen in den seltensten Fällen. Sporne Dich also beispielsweise bei der Abgewöhnung vom Nägelkauen mit einem Vorher-Nachher-Foto an, um Deine Fortschritte festzuhalten. Mithilfe festigender Nagelgels und Hand- und Nagel-Creme kannst Du Dein Nagelwachstum zusätzlich fördern.

 

Gibt es auch Vorteile des Fingernägel-Kauens?

Tatsächlich kann die ständige Konfrontation unseres Immunsystems mit Bakterien und Schmutz aus der Umgebung durch das Kauen der Fingernägel auch positive Effekte haben. Durch die dem Körper zugemuteten kleinen Dosen an Allergenen, Viren und Bakterien bilden wir Abwehrstoffe und unser Immunsystem wird gestärkt – so die Ergebnisse einer Studie neuseeländischer Forscher. Dennoch sollte die Abgewöhnung des Kauens stets Priorität haben, um ernstere Folgen zu vermeiden.

 

So kannst Du Dir das Fingernägel kauen abgewöhnen

Um mit dem Fingernägel kauen aufhören zu können, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten sowie Tricks und Kniffe, die Du ganz einfach zu Hause selbst anwenden kannst. Auch wenn sich Deine Kinder das Nägel kauen abgewöhnen sollen, können Dir die folgenden Informationen und Ratschläge weiterhelfen.

Was tun gegen Nägelkauen?

Möchtest Du Dir das Fingernagel- und Nagelhaut kauen abgewöhnen, ist zunächst ausschlaggebend, ob es sich lediglich um eine durch Stress verursachte Angewohnheit oder um das Symptom einer tiefgreifenderen psychischen Erkrankung handelt. Denn nur, wenn das Problem im Ansatz angegangen wird, kannst Du das Fingernägel kauen langfristig stoppen.

Ist Stress der Hauptauslöser des Knabberns, solltest Du selbstredend versuchen, diesen merklich zu reduzieren. Zudem können Ersatzhandlungen sinnvoll sein, etwa das alternative Eincremen der Hände, sobald Du den Drang verspürst, Deine Hände zu betätigen, oder das Kauen von Kaugummi. Handelt es sich hingegen um ein Symptom einer Depression, von Angststörungen oder anderen psychischen Krankheiten, ist der Gang zum Psychologen meist unumgänglich und kann Dir durchaus weiterhelfen.

Was hilft gegen Nägelkauen?

Gegen das Nagelkauen werden verschiedene Mittel, beispielsweise zum Auftragen auf die Nägel, angeboten. Darüber hinaus kannst Du mithilfe einiger Gedankenspiele, aber auch unter Verwendung herkömmlicher Haushalts- und Beauty-Utensilien wichtige erste Schritte unternehmen. Erzielst Du allein keine oder nicht-zufriedenstellende Ergebnisse, ist möglicherweise ein Gang zum Arzt hilfreich, der Psychotherapiesitzungen oder Hypnose-Therapien verordnen kann.

Tipps gegen das Nägelkauen

Vor allem für Menschen, die stressbedingt an ihren Fingernägeln kauen, können einfache Tricks bereits große Erfolge erzielen. Einer der wichtigsten Tipps gegen das Fingernägel kauen lautet beispielsweise: Pflege Deine Nägel stets, sodass Du nicht unterbewusst das Gefühl hast, sie „stutzen“ zu müssen. Eine Nagelfeile, die jederzeit griffbereit ist und statt des Kauens eingesetzt werden kann, ist für viele Betroffene daher eine große Hilfe. Aber Vorsicht: auch hier sollte das Kurzhalten der Nägel nicht ausarten.

Eine Möglichkeit für die Zeit, die Du zu Hause auf der Couch oder im Bett verbringst, ist das Tragen von Handschuhen gegen Nägelkauen. Was zunächst lustig klingt, hilft vielen Nagelkauenden tatsächlich – vor allem zu Beginn der Entwöhnung.

Eine Alternative auf die insbesondere Frauen gerne zurückgreifen, ist der regelmäßige Gang zur Maniküre und das Tragen künstlicher Fingernägel. Diese bestehen aus einem deutlich härteren Material als unsere tatsächlichen Nägel. Zudem reicht für viele Betroffene bereits der Gedanke an das dafür ausgegebene Geld, um ein Zerstören der Nagelkunst durch Kauen zu gefährden. Ebenso ist ein Abgewöhnen Finger für Finger sinnvoll.

Bist Du nicht selbst betroffen, sondern möchtest Deine Kinder vom Nägelkauen abbringen, gilt grundsätzlich, dass Du nicht schimpfen oder gar laut werden solltest, wenn sie in alte Gewohnheiten verfallen. Stattdessen solltest Du sie frühzeitig über mögliche Folgen informieren und ihnen einen Ersatz anbieten, wie zum Beispiel eine Beißkette. Auch Handschuhe oder Pflaster um die Fingerkuppen (zumindest zu Hause) können bei der Entwöhnung helfen. Zudem solltest Du mit Deinem Kind ausführliche und regelmäßige Gespräche führen und dabei herausfinden, ob es sich durch irgendetwas oder jemanden gestresst, eingeengt oder geängstigt fühlt.

 

Therapien gegen das Fingernägel kauen

Bist Du sehr stark dem Drang unterlegen, an Deinen Fingernägeln zu kauen, leidest Du häufig an Schmerzen, da Deine Nägel bis auf das Nagelbett herunter gekaut sind. Helfen auch Hausmittel und Tricks nicht, den Drang langfristig zu bewältigen, solltest Du einen Arzt aufsuchen. Dieser wird zunächst prüfen, ob anhaltender Stress oder ähnliche Gründe das Fingernägel-Kauen auslösen, oder ob eine komplexe Persönlichkeitsstörung vorliegt. Ist Letzteres der Fall, wird vermutlich ein Psychiater in die Therapie einbezogen.

Alternativ könnte zunächst ein Tagebuch angeordnet werden, in dem Du notierst, in welchen Momenten der Drang, an den Nägeln zu knabbern, besonders stark war. Auf diese Weise können Muster erkannt und durchbrochen werden. Auch Ergotherapiesitzungen und Entspannungsübungen können vom Arzt im Zuge einer Verhaltenstherapie verschrieben werden. Zudem werden gerne Habit-Reversal-Ansätze genutzt, die, wie der Name bereits vermuten lässt, die ungesunde Angewohnheit durch ungefährliche Alternativen ersetzen sollen – wie beispielsweise das Ballen der Hand zur Faust.

Nägelkauen liegt oft in unserem Unterbewusstsein begründet. So versuchen die Betroffenen, Stress und Ängste zu lindern oder abzubauen, indem sie ihren Druck durch das Abknipsen der Nägel verringern. Als eine vermeintlich effektive alternativmedizinische Methode, um das Unterbewusstsein zugunsten des Patienten zu beeinflussen, gilt daher auch Hypnose gegen Nägelkauen.

 

Mittel gegen Nägelkauen

Es gibt sowohl altbewährte Hausmittel gegen das Nägelkauen als auch einige Präparate, die Du in Apotheken erwerben kannst. Als Hausmittel gelten etwa Entspannungstees, aus Hopfen, Lavendel, Baldrian oder Melisse, die Deine generelle Anspannung und Dein Stresslevel verringern sollen. Wer eher auf Fertigpräparate setzen möchte, kann die Substanzen natürlich auch in Kapsel- oder Tablettenform komfortabel aus der Blisterkarte einnehmen. Außerdem werden gesunde Kau-Alternativen wie Ingwer- oder Süßholzwurzeln empfohlen.

Darüber hinaus kannst Du auch selbst eine Tinktur gegen Nägelkauen herstellen. Vermische dazu eine gepresste Knoblauchzehe mit dem Saft einer Zitrone und trage die Tinktur regelmäßig auf Deine Fingerspitzen auf. Der Geruch und der säuerliche Geschmack sollten Dich vom Knabbern abhalten. Alternativ kannst Du Dir einen ebenso säuerlich-bitteren Lack gegen Nägelkauen in der Apotheke besorgen, der einen ähnlichen Effekt erzielt. Einige Betroffene schwören als Hilfe gegen das Nägelkauen auf Homöopathie. So sollen zum Beispiel Sulfur, Calcium phosphoricum oder Ammonium bromatum Begleiterscheinungen des Knabberns lindern.

Einfach ausprobieren

Um Dir das Fingernägel kauen abzugewöhnen, probiere einfach die oben genannten Tricks und Tipps einmal aus. Häufig kann bereits mit einfachen Hilfsmitteln und einer kleinen Änderung der eigenen Gedanken eine deutliche Besserung erzielt werden. Erreichst Du allein keine zufriedenstellenden Ergebnisse, ist ein Arztbesuch unbedingt zu empfehlen.

Sei Dir außerdem bewusst, das tatsächlich sehr viele Menschen an dem gleichen Problem leiden und es ganz und gar nicht nötig ist, dass Du Dich für das Knabbern schämst. Geh selbstbewusst durch Dein Leben und arbeite weiter daran, Dich nicht vom Nagelkau-Verlangen beherrschen zu lassen.